Der Münchner Komponist, Produzent, Musiker und Sänger Dr. Will ist schon eine ganze Weile dabei. Dass er dennoch in Deutschland, gemessen an seinem Publikumspotential, nur einer Insidergemeinde bekannt ist, liegt in erster Linie an den bisher selbstgewählten Extrem-Indie-Strukturen. Mit seiner neuen Scheibe, seiner ersten Solo- CD, geht der schwergewichtige Ausnahmesänger neue Wege. Immer noch Indie, aber mit Partnern wie Downhill Records, dem Elbmusikverlag und dem New Music Vertrieb, wird nun der nächste Schritt gemacht. Musikalisch kann einem zu Dr. Will viel einfallen. Je nach Herkunft und musikalischer Couleur fielen Namen und Begriffe wie Tom Waits, Dr. John, New Orleans, Blues und so weiter. An allem ist was dran. Und wer kann, wird noch viel mehr in der Musik von Dr. Will hören und entdecken. Dr. Will nennt seine Musik Neo Blues wer will, darf das übernehmen, wem was anderes einfällt, nimmt dann das. Dr. Will ist da nicht so. Mit dem Album Itching Again, eingespielt mit exzellenten Musikern, erfüllt sich Dr. Will einen langgehegten Wunsch, völlig frei von irgendwelchen Scheren im Kopf genau die Musik auf genau die Art zu spielen, wie er es sich vorstellt. Dabei ist Will sehr dicht an dem, was er mit seiner Band The Wizards auch live macht. Voodoopriester-Mumbo-Jumbo und scheppernder Megaphon-Einsatz stehen nebeneinander, als gehörten sie schon immer zusammen. Die Band besteht aus einer ganzen Reihe von ziemlich schrägen Vögeln. Davon zeugt auch ein Konzertmitschnitt, der auf DVD erhältlich ist. Dort gibt es einen Budenzauber, dass einem der Hut hochgeht. Erfreulicherweise ist auf Itching Again der Wegfall des Optischen kein Manko. Man hat sich bei der Produktion einfach darauf konzentriert, das bandeigene Schrummifummitum musikalisch umzusetzen. Mit Erfolg! Textlich bewegt sich Dr. Will im weiten Feld des Blues. Er erzählt intelligente kleine Geschichten über verlogene Frauen und verkrachte Popstars, Drogen, Gruppensex und schlichtes Faulenzen. Getragen werden diese Storys durch einen gewaltigen unglaublich kraftvollen Sound. Hier abschließend einige Songs in der Einzelbetrachtung, wobei, was soll das eigentlich? Warum nicht gleich alles anhören? Aber gut, machen wirs einfach mal: Das Intro von Gumbo French mit traditionellem Dobro-Sound ist die Ruhe vor dem Sturm, die sich dann aber in einem apokalyptischen Blues-Rock-Hurricane entlädt. Paff!!! Steam Machine huldigt der größten Erfindung seit der Mondlandung. Bzw. vor der Mondlandung. The Truth Is, eine Anklage an das Lügenboldtum, kommt clubmäßig groovend um die Ecke geschlichen, während einen das zerstörerische Good Times auf den Boden der Pogo-Realität zurückholt. Der Titelsong Itching Again stampft mit der Wucht eines obdachlosen Elefanten durch die Nacht. Oder stampft ein obdachloser Elefant durch die Nacht? It Doesnt Snow ist der melancholische Epilog eines Buches, von dessen Grauen man gefesselt ist. So muss man sich fühlen, wenn man nach einem Barbesuch neben Tom Waits aufwacht. Produziert hat Dr. WillL das Album gemeinsam mit seinem langjährigen musikalischen Partner Tom Peschel, der auch schon für die CDs der GANGSTERS OF LOVE am Mischpult saß und u. a. KATJA RIEMANN und THE INTRUDAS produzierte. Den Fernsehzuschauern könnte er als Bassist der Bullyparade bekannt sein. Unterstützung bekamen die beiden von einer illustren Musikanten-Riege: Jens Fischer Rodrian (Musical Director der Blue Man Group), Ludwig Seuss (Spider Murphy Gang), Titus Vollmer (Filmmusik: Lotta In Love) und Peter Kraus (Al Jones) sind einige der hochkarätigen Musiker, die zum Gelingen des Albums beitrugen.