Ein Name: Lajos Dudas - ein Instrument: die Klarinette - beides zusammen ergibt die wohl kreativste europäische Kraft der heutigen Jazz-Szene. Lajos Dudas ist ein erstklassiger Klarinettist auf extrem hohem Niveau, so die fachmännische Meinung von Artie Shaw, das amerika-nische Magazin The Cadence nennt ihn sensitive, inventive and really swing, und der große deutsche Jazz-Kritiker\u002FAutor Joachim-Ernst Berendt würdigt den ungarischen Klarinettisten als einen wegen der Zartheit und Milde seines freitonalen Spiels geschätzten Stilisten. Bei solchem Experten-Lob ist die Erwartungshaltung an den Künstler riesig und viele Musiker scheitern mit neuen Projekten daran - sie verschwinden von der Bildfläche bzw. aus den CD-Regalen. Anders Lajos Dudas: sein kreativer Geist scheint nach wie vor ungebrochen. Immer wieder überrascht er mit höchst musikalischen Veröffentlichungen in den verschiedensten Richtungen, so daß niemand ihn in eine stilistische Schublade ablegen kann. Neben seinem virtuosen Können, seiner spieltechnischen Vielfalt und seiner enormen Schaffenskraft ist ein weiteres großes Plus der Überraschungsmoment, der seine Projekte begleitet: gibt er sich da mehr traditionell, so beherrscht dort das Experimentelle die Musik, findet er hier mehr Gefallen an moderner Fusion, so widmet er sich dort dem klassischen Repertoire eines Carl Maria von Weber, J. S. Bach oder Igor Strawinsky. Er ist auf allen Bühnen zuhause - durch seine vielfältige Tätigkeit als Musiker, Komponist, Lehrer, Arrangeur und Bandleader ist er einem breit gestreuten Publikum bekannt. Some Great Songs heißt sein neues Album, das ihn wieder von seiner besten Seite präsentiert: als virtuosen Musiker, einfallsreichen Interpreten und begnadeten Komponisten. Elf Stücke sind auf Some Great Songs zu hören. Sie bilden eine einzigartige Mischung aus mehr oder weniger bekannten Standards und einer Reihe Originale, die als Ganzes ein tolles Gesamtwerk bilden. Schön aber eigenwillig - eben mit der besonderen Note - die Interpretation von Jerome Kerns All The Things You Are, wunderschön swingend Henry Mancinis Days Of Wine And Roses, Ellingtons Caravan gallopiert mit heißen Rhythmen, groovy und souverän klingt Attila Zollers A Thousand Dreams, feinfühlig und leicht melancholisch wirkt How High The Moon von Morgan Lewis. Dazu gesellen sich wundervolle Interpretationen von Leon Russells This Masquarade und Benny Golsons I Remember Clifford. Hinzu kommen die überragenden Eigenkompositionen von Lajos Dudas. West Coast ist eine verträumte Nummer mit viel Gefühl und beeindruckenden Stimmungen - ein warmer Sommer-Abend am Meer mit imaginärem Sonnenuntergang und einem guten Glas Rotwein in der Hand. Sehr bluesy kommt Don't Forget Fatty daher, ein kurzer Ausflug in die Grenzgebiete des Jazz mit unheimlichem Blues-Flair. Das Rhythmik-betonte, kompositorisch ausgeklügelte Zugabe rundet die Vielfalt dieses Albums als Closer ab. Für Some Great Songs hat Lajos Dudas wieder ein hochklassiges Ensemble zusammengestellt. Zu den bewährten Bandmitgliedern Philipp van Endert an der Gitarre, der mit Mouse ein wunderschönes melodisches Stück beigatragen hat, und Kurt Billker am Schlagzeug, kommen zwei neue Musiker hinzu, die die Musik ebenso in sich haben wie der Maestro und seine Gefährten: Bassist Leonard Jones entstammt der legendären Avantgarde-Initiative AACM und präsentiert sich als versierter Sideman, der immer wieder seine solistischen Fähigkeiten unter Beweis stellt, und Perkussionist Jochen Büttner verziert das antreibende Spiel von Kurt Billker mit allerlei zarten, aber auch rasanten Klangwirbeln und Grooves. Some Great Songs markiert einen weiteren Meilenstein in der langen erfolgreichen Karriere eines Vollblut-Jazz-Musikers, der auf dem besten Weg ist, eine Legende zu werden.